Bilanzen von Romanzen – von Deniro und seinem Mädchen, dem Honigpferd und dem Forstwirt

Bilanzen von Romanzen – von Deniro und seinem Mädchen, dem Honigpferd und dem Forstwirt

ein Gastbeitrag von Billy_ohne_i


Es war einmal, vor ungefähr 30 Jahren, da hat man sich noch in Lokalitäten zum Tanz getroffen. Großer Festsaal, laute Musik und Bier vom Fass. Dort hat man sich gesehen, zum Tanz aufgefordert und anschließend ist man bei einem Bier ins Gespräch gekommen. Erst dann hat man sich zu einem gemeinsamen Essen, einem Getränk oder anderen Aktivitäten in trauter Zweisamkeit getroffen.

Heute, wird die „Auswahl“ von einer App gefiltert. An dieser Stelle sei zu bemerken, dass meine Worterkennung „gefoltert“ anstatt gefiltert ausgespuckt hat! Zurecht! Es ist auch ein ganz kleines bisschen Folter!
Ich installiere also diese App, entscheide welches Geschlecht und Alter der/die Gegenüber haben darf. Ich finde das mittlerweile äußerst mechanisiert und wenig natürlich.

Es gibt nur wenige Ausnahmen, sich außerhalb des World-Wide-Web kennenzulernen. Meine beste Freundin hat ihren Herzbuben das erste Mal im Stripclub geküsst, nachdem es unzählige GinTonic in einer Bar gab und man sich durch Zufall kennengelernt hat.
Das ist eine Lovestory nach meinem Geschmack.

Was die beiden von vorn herein richtig gemacht haben?!
Sie haben sich unverblümt kennengelernt ohne schon vorher in Panik zu verfallen.
Ja Panik! Krise! Error!

Die meisten Singles ab dem 30. Lebensjahr und da nehme ich Frauen nicht aus, verfallen in absolute Panik wenn man ihnen zu nahe kommt. Eine Einladung zum Familienbrunch reicht aus, um die Reißleine zu ziehen und alles zu beenden. Meist ohne Begründung, ohne plausible Erklärung oder ehrliche Worte.

Nachdem durch Dating-Apps das Kennenlernen unweigerlich beschleunigt wird ist das anschließende tatsächliche Kennenlernen gespickt von Tretmienen, welchen es auszuweichen gilt. Man muss soviel Fingerspitzengefühl und Taktgefühl beweisen, wie Beethoven beim komponieren seiner Sinfonien. Ein falsches Wort, das falsches Timing oder der falsche Inhalt eines Gesprächs reichen meist schon aus, um ausgesondert zu werden.

Ich habe das Bedürfnis, jetzt das Märchenbuch zu schließen, wäre da nicht die Geschichte über „die Fraktion Ü30-Midlifecrisis“- zu deutsch Lebensmittekrise!

„Ich habe keinen Kopf dafür.“
„Ich suche nichts Festes.“
„Reicht dir Freundschaft+?“

Man möchte also die Vorzüge einer Partnerschaft genießen, ohne sie so zu nennen. Vorzüge sind dabei nicht nur Sex und Körperlichkeiten, sondern vielmehr das emotionale entladen und auskoffern über tiefgründige, sensible und lebensbestimmende Themen.
Achtung, Achtung hier folgt kein Happy End, denn, oh Wunder, dadurch entsteht eine tiefe Verbindung.
Es ist auch kein Geheimnis, dass eine solche Verbindung wirklich wohltuend ist. Allerdings ist es eine absolute Schwäche, dann zu erwarten, dass man völlig entspannt bleibt, wenn man einfach ersetzt wird.

Es liegt natürlich auch an der Vielzahl an Angeboten. Findet sich etwas besseres, geht man schnell dazu über, die Person „auszutauschen“ a la Leasing-Fahrzeug, nach Ablauf des Vertrages.
Warum überhaupt „etwas besseres“?!
Man vertraut sich?!
Ist ehrlich?!
Die gemeinsamen Momente sind wundervoll?!
Aber man darf bloß keine Gefühle entwickeln, keine Lebensplanung kommunizieren und sowieso, möchte man es unkompliziert. Das geht nicht!

Wenn mir eine Fee in diesem Märchen drei Wünsche schenken würde, dann bitte ich um mehr Aufrichtigkeit gegenüber nahestehen Menschen.
Ich wünsche mir, dass Beziehungen und Partnerschaften einen schöneren Beigeschmack bekommen. Das kann wirklich Spaß machen.
Und ich wünsche mir mehr von diesen Festsaal-Momenten, wo man sich noch „richtig“ kennenlernt.

Und die Moral von der Geschicht? Unkompliziert geht es nicht.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann Tindern sie noch heute.

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