Silvester – bitte feiern, sonst knallt’s!

Der Jahreswechsel steht bevor. Und alle rasten aus. Es geht um DIE Party des Jahres. Größer, besser, lauter, geiler bitte. Aber wo feiert man nur?

*für Frau Z.

 

Lars hat dich in die Gruppe Silvester 2016 eingeladen“. Kurz darauf: *bing* „Martin schreibt...“ Und dann schon wieder: *bing* „Nicole nimt Audio auf.“ *bing* 5 Minuten Sprachnachricht abzuhören, unterbrochen von: „Thomas nimmt Audio auf.“ *bing* 4 Minuten Sprachnachricht abzuhören.

*bing* *bing* *bing*…

Es ist völlig unmöglich, sich dem scheinbar wichtigsten Thema zu entziehen:

Wo feiert man nur Silvester?!

Es wirkt wie ein reines Luxusproblem, sich einfach nur kurz mit seinen Leuten absprechen und entscheiden zu müssen.

Oh Nein! Nahain! Na-haaain!

Das Problem ist sehr viel komplexer! Die Folgen sehr viel schwerwiegender!

Man stelle sich nur mal die gesellschaftliche Ächtung vor, sollte man am 01.01.2017 nichts Dekadentes auf seinem Facebook-, Snapchat- und Instagram-Account zu teilen haben! #nofame.

Bloß nicht ungeküsst ins neue Jahr!

Manch einer verfällt sogar in eine solche Hysterie, dass der Neujahrsabend als Vorbote für das kommende Jahr gesehen wird. Wer weder geküsst, noch ausgelassen gefeiert und dann auch noch beim Bleigießen einen verdächtig aussehenden Klumpen erwischt hat, kann sich am besten gleich einsargen lassen! Trennung, Kündigung und der Verlust aller Follower stehen einem bevor, sollte man nicht noch rechtzeitig vor 0:00 Uhr einen Schornsteinfeger mit Anlauf umrennen und abknutschen.

Ich habe Freundinnen erlebt, die sogar extra eine Trennung hinaus gezögert haben, nur um bloß nicht ungeküsst ins neue Jahr zu rutschen (auch, weil das Weihnachtsgeschenk so teuer gewesen war). Blöd nur, wenn man sich dann kurz vor Jahreswechsel so richtig in die Wolle kriegt und man letztendlich doch wieder heulend mit seinem Sektglas dasteht.

Also ist der Druck in diesem Jahr besonders hoch, auch wirklich DIE super beste Silvesterparty zu feiern. Das Gesamtpaket muss stimmen: Die coolsten Leute, die angesagteste Location und eine Garantie auf einen Null-Uhr-Kuss. Letztes Jahr gehört unbedingt getoppt, der Fluch des schlechten Silvesters unbedingt gebrochen. Es werden fleißig Gruppen eröffnet.

Und warum eigentlich nicht Brandenburger Tor?

Ja, auch diese Fraktion gibt es jedes Jahr. Vorwiegend Neuberliner und Freunde aus der Heimat, die zu Silvester extra nach Berlin kommen, um endlich mal hautnah dabei zu sein…

wenn man nichts sieht vor lauter Leuten.

 

Nein Mann! Naihen!

Warum?

Ihr Lieben…habt ihr schon mal die Bilder aus Tokyo gesehen, wo diese sog. Drücker die Menschen in hoffnungslos überfüllte U-Bahnen quetschen? Diese Herren hätten an Silvester in Berlin Dauereinsatz. Solltet ihr nicht annähernd so abgehärtet, wie die Japaner sein, seht euch das Brandenburger Tor lieber Live im ZDF an. Da habt ihr beste Sicht, Null Gedränge und jederzeit ein sauberes Klo.

Und ewig jammert der Gruppen-Chat

„Mimimi, zu teuer… Mimimi, Anfahrt… Mimimi, Musik scheiße…“ Man kennt sie, die kontraproduktiven Mecker-Kommentare in den Gruppen-Chats. Erst mal alles scheiße finden. Schade nur, wenn dann Gegenvorschläge ausbleiben und man sich nur aufs Meckern konzentriert. Silvester scheint bei vielen ein regelrechtes Trauma ausgelöst zu haben.

Schlimmste Erfahrung:

***Das VIP-Ticket***

Ist jeder schon mal drauf rein gefallen.

Jeder 08/15 Club ist mittlerweile auf die Idee gekommen, einfach ein paar rote Kordeln um eine Sofagruppe zu stellen und das ganze dann VIP-Lounge zu taufen. Kostet nur ungefähr das Dreifache, garantiert aber die neidischen Blicke des niederen Fußvolkes. Peinlich!

Was also tun, wenn man auf der Silvesterparty merkt, dass von den 85 €, die man ausgegeben hat, nur spärlich befüllte Schnittchenplatten und knapp bemessene Getränkecoupons übrig geblieben sind? Und jetzt? Spaß haben? Wer sind wir denn?

Seid mal alle ein bisschen mehr wie Frau Z.!

Neben mir wohnt eine liebe Rentnerin, die tagsüber meine Katze hütet. Quasi eine Katzenomi. Eine bescheidene allein lebende Dame mit einen Diplomingenieur in der Tasche, besseren Skype-Kenntnissen als ich und soweit ich weiß, folgt sie meinem Blog auf Facebook. Frau Z. lud mich am Nikolaustag zu sich ein und wir gerieten bei Selbstgebrannten ins Plauschen.

„Wissen Sie Frau Schmidt, die jungen Leute haben doch überhaupt keine Ideen mehr. Die sitzen nur da mit ihren Handys und nu bespaßt mich mal.“

Sie schaute mit einem Lächeln zum Fenster.

„Als mein Mann noch lebte, Mensch, wir waren ooch mal jung, da haben wir immer hier zuhause gefeiert. Was glauben Sie, da haben die Kerle teilweise die Raketen aus dem Fenster abgeschossen, da war die ganze Bude hier blau.“ Sie lachte. „Und einmal hatten wir gefüllte Pfannkuchen geholt. Einer blieb übrig und ich dachte mir so, nee den isst keener mehr. Also, dachte ich, stecken wa doch einfach nen Böller rein, werfen den runter und gucken, wa mal, was passiert. Und ich sag Ihnen Frau Schmidt, ich hatte des ganz genau ausgerechnet, nach zwei Sekunden ist der ungefähr auf der Höhe, wo die olle Ronken gewohnt hat. Und will Ihnen was sagen, das Ding ist implodiert und die hatte die ganzen Scheiben voller Marmelade.“

Ich heulte vor Lachen. Frau Z. ist einfach die Coolste. Und sie hat Recht. Wir erwarten immer, dass uns an Silvester was geboten wird. Wir kaufen Tickets zu unverschämten Preisen, springen von Party zu Party und wissen immer noch nichts mit uns anzufangen. Wir lassen unsere Freunde im Stich, die sich Mühe geben, Essen einkaufen, die Wohnung schmücken und letztendlich springt die Hälfte ab.

Warum tun wir das?

Warum sind wir so?

Solche Menschen braucht das neue Jahr nicht!

Wenn der Neujahrsabend wirklich als Vorbote für das kommende Jahr gesehen wird, dann verstehe ich nicht, warum wir uns wie gelangweilte, egoistische Arschlöcher aufführen. Solche Menschen braucht das neue Jahr nicht!

 

 

Leute, habt Spaß!

 

 

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