Hart – Härter – Handwerk – Hoch lebe der Meister

für meinen Vater, meinen Großvater und meinen Urgroßvater 

 

Meister dürfen sich jetzt auch „Bachelor Professional“ nennen. Die Hochschulen sind empört. Ich finde dieses „sich erhaben fühlen“ mancher Akademiker ungerechtfertigt. Es ist längst an der Zeit, mit dieser Zweiklassengesellschaft aufzuräumen und Handwerkern die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie auch verdient haben!

Mit einem akademischen Abschluss mehr Geld verdienen, bessere Aufstiegschancen haben oder sich konkurrenzfähig machen. Das ist das Ziel vieler junger Leute, wenn sie nach dem Abitur ein Studium beginnen. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Einstellungstests in den Betrieben stattfanden, um die Vielzahl der Lehrstellen-Bewerber zu selektieren. Es gibt Nachwuchsmangel im Handwerk und ehrlich gesagt kann ich das sehr gut nachvollziehen.

Zu unattraktiv scheint eine 40-Stunden-Woche bei gerade einmal 500 €  Ausbildungsvergütung monatlich. Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, was auf mich zukommen würde, wenn ich eine Ausbildung im Handwerk mache, ich glaube, ich hätte es nicht durchgezogen. Mindestlohn und Mindesturlaub, Samstags- und Sonntagsarbeit und unzählige Arschlochkunden.

Harte Zeiten waren das, als meine Freundinnen nach dem Abitur in coole Großstädte und in noch coolere Studenten-WGs zogen. Ihre Semesterferien verlebten sie entspannt mithilfe von Kindergeld, Semesterticket und Höchstsatz BAföG. Während ich die Fahrkarte in die nächste Großstadt selbst bezahlen musste. Aber noch schlimmer als das war die Geringschätzung von Gleichaltrigen, „nur“ eine Ausbildung zu absolvieren. Als ob man sich damit als leistungsschwach outet. Niemanden interessierte meine Abitur-Durchschnittsnote (welche damals bei meiner Bewerbung zur Lehre durchaus eine Rolle spielte). Die Schublade war geöffnet und da steckte man mich hinein. Neben dem „Bier vor Vier“, dem „faul die Hände in die Taschen stecken“ und den Rechtswählern.

Ich finde, es ist an der Zeit, mit alten Handwerker-Klischees aufzuräumen und Handwerkern endlich die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie auch verdient haben!

Handwerksmeister dürfen sich seit Januar 2020 auch „Bachelor Professional“ nennen. Die Hochschulen sind empört. Legen massiven Widerspruch ein. Zu anmaßend wäre der Vergleich mit dem Bachelor. Diese Befindlichkeiten finde ich ungerechtfertigt.

Laut Deutschen Qualifikationsrahmen stehen Bachelor und Meister ohnehin schon auf einer Stufe. Die Gesetztesnovelle ist also keine wirkliche Neuerung. Man hat dem Kind nur einen anderen Namen gegeben, um den hohen Stellenwert des Meisters hervorzuheben.

Meister-Anwärter müssen im Rahmen eines Studiums eine Vielzahl an Prüfungen bestehen, mit wachsender Spezialisierung auf Betriebswirtschaft. Das Gelernte muss schnell in die Praxis umgesetzt und nebenbei in vielen Fällen Vollzeit gearbeitet werden. Bis zu drei Jahre lang. Sechs Semester Studium rechtfertigten keine Diskreditierung dessen. Wir leben in einer Zweiklassengesellschaft. Akademiker schlau, Handwerker dumm. Was ist denn da los?

Nur kurz zum Verständnis: Der Bachelor ist seit Der Bologna-Reform im Jahr 2006 ein Studienabschluss „Light“ geworden. Um das Studium praxisnaher und kürzer zu gestalten. Sprich, um die Erfolgsquote zu erhöhen. Ein Bachelor ist mitnichten leistungsstärker als ein Handwerker. Nur wer zusätzlich noch seinen Master macht, darf sich eine Qualifikationsstufe höher ansiedeln.

Meister und Bachelor sind zu Recht auf Augenhöhe.

Liebe Akademiker, falls ihr jetzt immer noch Schnappatmung habt: die neue Betitelung „Bachelor Professional“ für Handwerksmeister ist kein Schmücken mit fremden Federn, sondern lediglich die Bestrebung, den Meistertitel international klarer verständlich zu machen. Deutschland wird weltweit für das Prinzip der dualen Ausbildung bewundert. Fehlt nur noch die Anerkennung im eigenen Land.

Mich würde interessieren, wie viele Azubis es plötzlich gäbe, wenn ein Facharbeiter-Gehalt angemessen zur Qualifikation ausfallen würde. Es würde schon reichen, wenn alle gesellschaftlichen Privilegien der Studenten auch für Lehrlinge gelten würden. Und wie viele Möchtegern-Chefs wären tolle Führungspersönlichkeiten, wenn sie neben bestandenen Klausuren auch praktisches Hocharbeiten vorweisen könnten. Wir reden insbesondere von jenen Erhabenen, die zwar einen Karriere-Push nach dem nächsten absolvieren möchten, sich aber für jede niedere Tätigkeit zu fein sind.

Ich persönlich bin aus heutiger Sicht froh, die Handwerksausbildung gemacht zu haben. Der Meister ermöglicht es mir, einen Betrieb zu übernehmen und dabei von jahrelanger Berufserfahrung zu profitieren. Von guter so wie von schlechter. In einer Gesellschaft, die von Fachkräftemangel und Geburtenknick betroffen ist, fehlt in vielen Betrieben die Nachfolge. Facharbeiter können sich überall eine Karriereleiter selbst bauen. Auch ohne anglikanische Titel und einen Umzug hunderte Kilometer weit weg.

Abschließend nur eine einfache Frage: Was mache ich denn, wenn ich mir eine schicke Eigentumswohnung in der Innenstadt leisten kann, diese aber nicht fertig wird, weil ich keine Handwerker kriege? Also Schluss mit Zweiklassengesellschaft und ab auf Augenhöhe!

Share Button

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.